Nach dem großen Erfolg von PANZERKREUZER POTEMKIN bewilligte die sowjetische Regierung Sergej Eisenstein alle Mittel und jede Freiheit für sein nächstes Projekt DIE GENERALLINIE. Der Film handelt von dem zähen Kampf eines Bauern gegen Aberglauben und Vorurteile bei der Errichtung eines Dorfkollektivs. Doch nicht der Bauer wurde dank seiner Pionierarbeit zum Helden des Films, sondern ein Milchseparator und ein Traktor. Eisenstein gab diesen im Grunde prosaischen Objekten dramatisches Leben. Er machte es zu einem atemberaubenden Ereignis, wenn der erste Milchstrahl aus dem Separatorrohr spritzt oder wenn der Traktor sich in Bewegung setzt.
Vier Jahre arbeitete Sergej Eisenstein an DIE GENERALLINIE, zerstörte das fast vollendete Werk, begann es von neuem und verbrauchte 100.000 Meter Rohfilm, um schließlich lediglich 2.500 Meter davon zu behalten. Im Ausland war der Film zunächst nur in einer verstümmelten Version bekannt. In den 1990er-Jahren konstruierte der russische Filmhistoriker Naum Klejman nach Eisensteins Schnittlisten die ursprüngliche Filmfassung, die die bildliche Ausdruckskraft der symbolischen Szenen und den experimentellen Charakter des Filmes betont.
Für diese rekonstruierte Filmfassung komponierte Taras Bujewski eine neue Musik: „Wenn nach den dramatischen Szenen der Armut und des Hungers plötzlich Milch und Honig fließen, schreibt er dazu einen bitterbös verfremdeten Wirtschaftswunder-Swing. Zu einem Arbeiter- und Bauernaufstand tröten pathetisch einige Bläser. (…) Mozartkugelhaft süßlich wirkt eine mehrfach wiederholte Episode mit Celesta und Glockenspiel: eine kommunistische Seifenblase. Vieles davon scheint bei Eisenstein, an dessen überlieferten Aufzeichnungen sich Bujewski orientierte, schon (versteckt) angelegt zu sein.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. Dezember 1997)
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