Kompilationsmusik zum Stummfilm "Lady Windermere's Fan" von Ernst Lubitsch für kleines Orchester
von Sergej Rachmaninow, Franz Ries, Richard Wagner u.a. / Helmut Imig (Bearb.)
Leihmaterial
Besetzung: 0.0.1.0. – 0.0.0.0. – Pk., Klv., Harm., Str.
Dauer: ca. 72 min
Filmrechte: Park Circus
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Lebedame Mrs. Erlynne: eine raffiniert berechnende femme fatale, den Herren lockender Reiz des Anrüchigen, den Damen Dorn im Konkurrentinnen-Auge. Von der Gesellschaft geschnitten, wickelt sie erst den älteren Lord Augustus um den Finger und verschafft sich dann mittels Erpressung Lord Windermeres Zutritt in die besseren Kreise. Ein Auftritt mit fatalen Folgen: Denn die tugendhafte Lady Windermere wähnt sich von ihrem Gatten betrogen und flüchtet in die Wohnung eines alleinstehenden, liebenden Freundes – Lord Darlington. Als dort kurz darauf die feinen Herren auftauchen und den verlorengegangenen Fächer der Lady finden, droht ihr der gesellschaftliche Knock-Out ... Doch da schießt, nach 20 Jahren, der verschlagenen Salonschlange Erlynne plötzlich die Muttermilch ein: Heroisch stellt sie sich den Herren, und um das einst verlassene Töchterchen zu retten, gibt sie den verräterischen Fächer als den ihrigen aus.
Oscar Wilde liebte es, Moral und Heuchelei der oberen Zehntausend zu persiflieren, der korrupten Gesellschaft einen Zerrspiegel vorzuhalten und ihre Schwächen spielerisch zu decouvrieren. Doch in unseren Tagen trifft seine Gesellschaftskritik nicht mehr recht, und so mutet das seinerzeit ungemein mutige Stück heute eher wie eine amüsante Rührstory an. Helmut Imigs weitgehend illustrative Musik scheint daher denn auch trefflich gewählt. Ob Rachmaninows Polka als achtminütiger „Endlosgalopp“ auf der Pferderennbahn und zugleich Überzeichnung gesellschaftlicher Etikette, Franz Ries’ „La Capricciosa“ als Charakterisierung der Salonschlange Erlynne oder Wagners Albumblatt als Untermalung des drängenden Liebeswerbens Lord Darlingtons: Zumeist ist die Musik wohlerzogener Diener, der uns Zuschauern in den Film-Mantel hilft. Die Partitur nimmt die Bilder auf, begleitet, verstärkt und bahnt Szenen an. Weitgehend wahrt Helmut Imig die Übereinstimmung mit dem Filmgeschehen – nur gelegentlich nimmt er sich die Freiheit, mehr der inneren als der äußeren Dramatik zu folgen oder auch dem Regisseur in der Kunst der Andeutung durch einen Blick oder eine Geste. Denn Ernst Lubitsch hat gar nicht erst den Versuch unternommen, die blitzenden Bonmots und doppeldeutigen Aperçus des Komödien-Originals von Oscar Wilde sprachlich in den Zwischentiteln abzubilden, die gestochen scharfen Aphorismen mit dem Zeigefinger zu inszenieren. Vielmehr beobachtet seine Kamera präzise das Doppelschichtige im gesellschaftlichen Kräftespiel und legt dabei immer wieder en passant das Brüchige und Abgründige hinter der moralischen Fassade des Empire offen.
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