Passacaglia in Yellow-Blue (2022)
von Vladimir Genin
Partitur
Besetzung: 1+Altfl.1.1+Basskl.1. - 2.2.1.0. - Pk., Tam-Tam, Marimba, Wind (Tape), Harfe, Str.
Dauer: ca. 8 Min.
Wie für eine Passacaglia typisch, dient in diesem Werk eine wiederholte achttaktige feste Basslinie (basso ostinato) als Grundlage für eine Folge von Variationen. Diese Linie ähnelt der seit dem Barock berühmten "Quintfall-Sequenz", allerdings in einer stark verzerrten Form: Anstelle der gewöhnlichen Quarten und Quinten verwende ich Terzen und Quarten, nach denen unbemerkt das aus den Werken Bachs bekannte "Kreuzmotiv" (Crux fidelis) erscheint, das Leiden und Schmerz symbolisiert. Gleichzeitig gibt es einen Hauch von Blues-Melancholie im Rhythmus und in der Melodie des Stücks, es ist also eine "Passacaglia in Blue".
Der Titel des Werks bezieht sich auf die Farben der ukrainischen Flagge: blau wie der Himmel, gelb wie die Weizenfelder, denn die Stimmung dieses Werks ist zutiefst mit dem Schrecken und der Traurigkeit verbunden, die seit Beginn der russischen Aggression in der Ukraine im Jahr 2014 einen konstanten Hintergrund für mein Leben und meine Arbeit bilden. Zu Beginn des Stücks werden die Klänge von Pauken und tiefen Streichern durch den heulenden Wind (Tonband) ergänzt. Gegen Ende des Stücks taucht der Wind erneut an einer ähnlichen Stelle auf. Die Dirigentin Oksana Lyniv fragte mich: „Warum eigentlich hier der Wind?“ Es wäre in der Tat möglich, einen ähnlichen Klang mithilfe der Instrumente des Orchesters zu erzielen. Aber die Musikinstrumente sind lebendig, und der Wind ist tot. Es ist der Wind über einer öden, leblosen, trostlosen Erde. „Die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag über dem Abgrund.“ Aber kein Geist wehte darüber - nur ein lebloser Wind. Wenn es kein Leben gibt, bleibt der Lauf der Zeit sinnlos und wird zu einem zischenden Wind.
Uraufführung: 8. Februar 2023 Auditorium Teatro Manzoni Bologna (IT), Orchestra del Teatro Comunale Bologna, (Ltg.: Oksana Lyniv) | Youtube